
Erreichbarkeit steigern (Bild: dpa)
In der Frankfurter Rundschau vom 30.12.09 plädiert der Bestseller-Autor Coelho für ein Umdenken in Sachen E-Books. Sein Alchimist, weltweit mittlerweile über 65 Millionen Mal verkauft, war vom russischen Verlag 1999 verramscht worden: keine 3000 Exemplare waren über die Ladentische gegangen. Kurzerhand stellt Coelho eine bereits im Netz kursierende Raubkopie der russischen Übersetzung zum kostenlosen Download auf seine Seite. Daraufhin verkauft sich die Wiederauflage der russischen Version in einem neuen Verlag innerhalb von rund drei Jahren eine Million Mal, wohlgemerkt: der Printauflage. Der Rechteinhaber der russischen Übersetzung selbst hatte seinerzeit die Raubkopie in Umlauf gebracht.
Um auch Übersetzungen in anderen Sprachen zugänglich zu machen und so möglicherweise den Verkauf der Printversion zu steigern, sammelt Coelho nun alle Links zu Filesharing-Seiten und macht sein eigenes Portal auf: pirate-coelho. Fast alle seine Bücher stehen dort in mehreren Sprachen seit 2005 zum kostenlosen Download bereit – und der Verkauf der gedruckten Bücher in den Buchläden nimmt weiter zu. Erst als sein Vorgehen nach einem Vortrag 2007 in München von Medien aufgenommen wird, melden sich einige Verleger mit Protesten bei ihm. Offenbar kann er sie jedoch davon überzeugen, dass „die klassische Art des Vertriebs von der Filesharing-Variante profitierte“, denn er darf seine „Piraterie“ weiterbetreiben.
„Die Leute fingen an, meine Bücher am Bildschirm zu lesen, dann aber gingen sie in einen Buchladen und kauften eine gedruckte Ausgabe – was auf Dauer praktischer und billiger ist“, erklärt Coelho und schließt: „Wenn man mich heute vor die Wahl stellte, entweder für drei Millionen Dollar ein Buch zu schreiben, das von drei Leuten gelesen wird, oder ein Buch zu schreiben, für das ich nur drei Dollar bekomme, das aber von drei Millionen Menschen gelesen wird, dann würde ich mich für letzteres entscheiden. Ich bin überzeugt, dass die meisten Schriftsteller das genauso sehen.“
Solange die Existenz eines Schriftstellers (und Übersetzers) angemessen gesichert ist, dürfte Coelho Recht haben. Es wird also Zeit, sich parallel zur Vermarktung von Büchern und E-Books der Zukunft Gedanken über die Grundsicherung ihrer UrheberInnen zu machen, dazu gehört sicher nicht zuletzt eine konstruktive Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen, wie u.a. Götz Werner es propagiert.
Essay von Paulo Coelho: „König der Piraten. Wie das gedruckte Wort vom Medium Internet profitieren kann“ (aus dem Engl. v. Andrian Widmann) in Frankfurter Rundschau v. 30.12.09, S. 37.